Es wird Zeit, an dieser Stelle einiges richtig zu stellen.
Mein Name ist Christoph Hubrich, ich bin Student der Bauhaus Universität Weimar, mache gerade meine Bachelorarbeit – und der Kopf hinter der Bürgerinitiative „EndlagerSuhl“ und Michael Schludaj.
Mit dieser Idee wollte ich die Grenzen der Kommunikation ausloten sowie Kommunikation kreieren, deren eigentliche Botschaft nicht sofort als solche erkannt wird, deren Wirkung aber gerade dadurch umso stärker sein würde.
Dabei wurde folgendes untersucht:
- was wird benötigt, um eine Idee glaubhaft zu machen?
- was glauben die Leute, was nicht?
- wie sind die Reaktionen bei einer direkten Konfrontation mit der Idee, dass das Endlager plötzlich vor der eigenen Türe sein könnte?
- ist eine Stadt in so schwieriger Situation wie Suhl bereit, für Geld und ein paar Arbeitsplätze den Atommüll zu lagern?
Ausführliche Themenbeschreibung
Wenn ich sage, dass ich später mein Geld in der Werbebranche verdienen möchte, werde
ich zurecht nicht selten mit hartnäckigen Gegenfragen konfrontiert. Ob ich es moralisch
vertreten könne, Menschen zu manipulieren, oder ob ich dazu bereit wäre, für Zigaretten,
Alkohol oder gar Waffen zu werben. Normalerweise rechtfertigt mich die Antwort,
dass man sich auch als Werber seine Kunden aussuchen kann – doch für die Bachelorarbeit möchte ich noch einmal meine unbegrenzte Freiheit als Student nutzen, völlig frei von Kundenwünschen und Marktansprüchen Arbeiten und so überzogene Kommunikation produzieren, welche von Betrachter nur mit einer Menge schwarzem Humor und Sinn für Ironie entlarvt werden kann.
Denkbar sind Themen wie eine Imagekampagne für Berlusconis Comeback, die Vorteile
von Atomstrom, einen Styleguide für den modernen Nazi oder Werbung für die positiven
Folgen des Klimawandels (für die erste Welt). Die Arbeit soll über die humoristische,
ironische und überzogene Art mehr Wirkung erzielen als normale Kommunikation, die
Grenzen des guten Geschmacks ausloten, sowie, wenn möglich, auf aktuelle wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Ereignisse Bezug nehmen und auf deren Missstände aufmerksam machen.
Die meisten Reaktionen derer, die dies nicht als Satire erkannt haben, sind erschuetternd. Der Presse ist zu entnehmen, dass Hoteliers mit Schadenersatzklagen drohten – und auch der Buergermeister droht mit „harten Konsequenzen“.
Ich bin fassungslos.
Atommuell ist nun einmal da – das koennen wir uns nicht mehr aussuchen. Angenomen, als verantwortungsbewusster Buerger waere ich tatsaechlich der Ansicht, dass z.B. mein Wohnort geeignet fuer ein Endlager sei. Dann habe ich auf jeden Fall das Recht, dies auch zu sagen. Es ist sogar ausgesprochen wuenschenswert, wenn dies geschieht. Hier ungewollte Meinungen (auch wenn sie in diesem Fall nur Satire waren) mit Klage zu ueberziehen und von Seiten der politischen verantwortlichen mit Konsequenzen zu drohen, ist in einem schwer ertraeglichen Masse undemokratisch!
super projekt. riesen lustig. 😀 hahaha weiter so.
danke!
Das Projekt zeigt deutlich, welche Versäumnisse im Bereich der Kommunikation zu Langzeitlagern für radioaktive Abfälle bestehen.
Wenn eine Bund-Länder-Kommission über fast zwei Jahre hinweg in geheimen, parteipolitisch orientierten Deals ein Standortauswahlgesetz ausklüngelt, werden wesentliche Grundlagen der Risikokommunikation – wie sie seit Jahrzehnten bekannt sind – sträflich verletzt. Das war keine ehrliche und faire Herangehensweise! Die BürgerInnen müssen sich gegen solch eine Vereinahmung wehren.
Ich habe mich gegen diese Art und Weise der Pseudokommunikation schon als Mitarbeiter des Bundesamtes für Strahlenschutz gewehrt mit der Konsequenz, dass ich jetzt nach meiner fristlosen Entlassung aus dem „Staatsdienst“ unter http://www.endlagerdialog.de endlich das sagen kann, was ich seit zehn Jahren denke.
Ha ha… Schön meinen kritischen Kommentar gelöscht. (Und ich meine nicht die Antworten…)
Ach, herrlich. Klasse Idee, wirklich! Genau mit solch einer Aktion lockt man die Menschen hinterm Ofen hervor.
Die Reaktionen sind ja eindeutig – wie Du sagst, wird das Endlager offensichtlich in Deutschland keinen Platz finden. Aber damit löst sich ja das Problem nicht!! Ein Lager wird benötigt, so oder so, und ich finde es durchaus denkbar, dass sich ein Ort dafür stark macht, etwa genau aus den Gründen, die Du anführst. Wenn die Politik in Deutschland keinen gesellschaftlichen Konsens zur Endlagerproblematik herbeiführen kann, wird das Zeug am Ende doch klammheimlich weiter ins Ausland verschifft, und die Folgen möchte ich mir nicht ausmalen… (Stichwort Majak: http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/wird_deutscher_atommuell_in_russisches_erdreich_gepumpt-1/)
Übel finde ich, wie Peer Erdinger schon schrieb, die Humorlosigkeit oder Intoleranz der Stadtverwaltung und Gastwirte. Ich weiß jetzt nicht, welche Ausmaße Eure Plakataktion hatte – natürlich ist wildes Plakatieren i.d.R. verboten, aber jetzt aufgrund der Botschaften der Plakate rechtliche Schritte vorzunehmen ist doch echt übertrieben. Halt uns mal auf dem Laufenden, wie sich das entwickelt!
Übrigens: Für den persönlichen Atomausstieg in den eigenen vier Wänden empfehle ich http://www.atomausstieg-selber-machen.de/stromwechsel.html – damit Du die Weiterproduktion von Atommüll wenigstens nicht mitverantworten musst (und Atomstrom irgendwann keinen Absatz mehr hat…)!
»Deshalb ist darauf zu achten, dass dieser Müll erst garnicht produziert wird.«
Tja, und wohin mit dem bereits existierenden Müll??? Keiner will und soll diesen freiwillig annehmen. Aber einer (zwei, drei) müssen. Und darüber denkt nun wieder keiner nach…oder?
Da ist also noch genug Potential für die Masterarbeit vorhanden
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/eu-energiekommissar-oettinger-atommuell-endlager-im-sueden-a-909369.html